Eine Weile ist es her...
… da habe ich eine Reihe über Resilienz begonnen. Um es nochmal aufzufrischen: Resilienz, das ist die Widerstandskraft der Seele. Das, was uns hilft, Krisen zu überstehen und nach Zeiten der großen Belastung wieder zurück zu finden.
Im ersten Artikel ging es um Beziehungen und Selbstbild, im zweiten um Gefühle, Sinn und Zuversicht. Heute widmen wir uns den letzten beiden Säulen der Resilienz, der Konfliktlösungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit. Und ich ergänze noch um drei eigene Säulen (siehe Überschrift).
Dabei schauen wir uns jedes Mal an, was wir bei uns selbst tun können, um unsere Resilienz zu stärken und wie wir diese Erkenntnisse auch in der Kindererziehung anwenden können. Spoileralarm: Das ist nicht nur für diejenigen unter uns wichtig, die selbst Kinder haben. Denn die Resilienzforschung zeigt: Auch Bezugspersonen außerhalb der Familie (Erzieher, Großeltern, Tanten, Freunde der Familie/aus der Gemeinde/…) können entscheidend zu einem resilienten Leben beitragen!
Die 6. Säule: Selbstwirksamkeit
Die Theorie:
Selbstwirksamkeit ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Es geht dabei „um die tiefe innere Überzeugung, dass wir etwas können“ schreibt Diplompsychologe Professor Dr. Florian Becker. Die Selbstwirksamkeit wächst aus dem Zuspruch anderer und dem Erleben des eigenen Erfolgs. Und sie führt zur Zuversicht, es auch wieder zu schaffen, selbst bei größeren Hürden. Man könnte es auch in einem Satz zusammenfassen: „Ich habe es schon geschafft, also werde ich es wieder schaffen!“ Erlebte Selbstwirksamkeit führt zu einer Selbstwirksamkeitserwartung a la Pippi Langstrumpf: „Hab ich noch nie probiert, also es geht sicher gut.“
Ein Beispiel dafür ist der Läufer Roger Bannister. In den 1950er Jahren lag die Rekordzeit für eine Meile bei vier Minuten. Und die allgemeine Überzeugung von Athleten, Physiologen und anderen Experten war, das es dabei auch bleiben sollte, da alles darunter für den menschlichen Körper nicht möglich wäre. Der würde unter dem Druck schlicht kollabieren, so die Erwartung. Bannister war als Medizinstudent mit Lauferfahrung anderer Meinung. Und das wollte er beweisen. Dabei trainierte er nur zweitrangig im Laufen, vielmehr ging er im Kopf jede Bewegung durch, Schritt für Schritt, bis hin zum Zieleinlauf. Er schrieb sich sein Vorhaben sogar auf einen Zettel, den er in seinem Schuh versteckte. Am 06. Mai 1954 schaffte er dann das Unmögliche: er lief als erster Mensch die Meile in 3 Minuten und 59,4 Sekunden!
Bannister hat seinem Können und Wissen vertraut und sich nicht davon aufhalten lassen, was andere für Unmöglich hielten.
Die Praxis für mich:
Manches haben wir in den vergangenen Säulen schon umgesetzt. Schau dir z.B. nochmal deine Notizen aus Säule 4 (Zuversicht) an: Welche Herausforderungen hast du schon gemeistert? Oder die Notizen aus der 2. Säule (Selbstbild): Welche Komplimente hast du dir schon gemacht oder bekommen? Was kannst du gut?
Lies dir alles in Ruhe durch. Das gibt ein krasses Bild von dir, oder? Wenn du eine großen Hürde gegenüberstehst, sage dir: „X und Y (aus deinen Notizen) habe ich geschafft, also werde ich das auch noch meistern!“
Und dann: Feiere deine Erfolge! Auch die Etappensiege. Du bist gescheitert, aber einen Schritt weitergekommen als beim letzten Mal? Feiere es als Erfolg! All das stärkt deine Selbstwirksamkeitserwartung!
Ein Gedanke zum Abschluss: Überprüfe mal deinen Alltag auf die Möglichkeit zur Selbstwirksamkeit. In welchen Bereichen deines Lebens hast du das Gefühl, wirklich etwas bewirken zu können? Bei welchen Tätigkeiten geht dir die Energie nicht aus, auch wenn es stressig ist? Wo blühst du auf? Und umgekehrt: Gibt es Bereiche, die dich ständig überfordern und bei denen du auf „keinen grünen Zweig kommst“? Überlege, ob du dort etwas verändern kannst, damit deine Selbstwirksamkeit wieder zum Tragen kommt! Auf der viel zitierten Fortbildung zum Stressmanagement habe ich mir diese Frage gestellt und es war einer der Anstöße dazu, meinen Job zu reduzieren. Eine harte Entscheidung, aber eine sehr wertvolle! Denn wenn wir uns auf Dauer in Bereichen bewegen, in denen wir kaum selbstwirksam sein können, schlägt das irgendwann in Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit um, und das tut niemandem gut.
Umgesetzt für andere:
Beteiligung im Alltäglichen
Wo sind im Alltag mehr Möglichkeiten, dein Kind an Entscheidungen zu beteiligen? Wo entscheidest du aus Gewohnheit oder Bequemlichkeit manchmal Dinge, bei denen dein Kind sich eigentlich einbringen könnte? Auch hier wiederhole ich mich, das liegt daran, dass viele Säulen untereinander verknüpft sind. In Säule 5 (Sinnhaftigkeit) hatten wir da schon einige Beispiele dazu, schau gerne nochmal zurück.
Herausforderungen zumuten
Selbstwirksamkeit von Kindern fördern heißt, ihnen (bewältigbare) Anstrengungen zuzumuten, damit sie Erfolge erleben können. Das gilt auch für Herausforderungen, die mehrere Anläufe brauchen, bis sie gemeistert werden können. Das können kleine Dinge sein, wie im Supermarkt die Kassiererin nach dem Preis zu fragen und größere, wie eine Konfliktlösung in der Schule. Die Herausforderungen dürfen dabei immer ein bisschen schwerer sein, als solche, die schon bewältigt wurden. Frei nach dem Leitsatz „So viel Hilfestellung wie nötig, so wenig wie möglich“.
Ermutigende Begleitung
Sei die Stimme, die dein Kind immer wieder daran erinnert, was es schon geschafft hat, wenn es selbst nicht an sich glaubt. Lenke seine Aufmerksamkeit an die geschafften Zwischenschritte statt auf das große Ziel. Feiere mit ihm die die kleinen Schritte und Erfolgserlebnisse. Zeige ihm, wie weit es gekommen ist und was es schon besser geschafft hat, als beim letzten Mal. So hilfst du ihm dabei, zuversichtlicher zu werden (sieh Säule 4) und einen optimistischen Blick auf die Dinge zu gewinnen.
Selbstwirksamkeitserwartung ist ansteckend!
Das spannende am dem Rekord von Roger Bannister war, dass er nicht alleine blieb! In den kommenden drei Jahren schafften es weitere 10 Läufer und heute sind es gute 2.000 mehr. Selbstwirksamkeit wächst nicht nur an eigenen Erfolgserfahrungen und Zuspruch anderer, sondern auch am Vorbild! Mach es vor!
Achte auf Überforderung
Wie bei uns selbst ist es auch bei Kinder wichtig, mal konkret die Schule und Freizeitaktivitäten in den Blick zu nehmen: Ist dort Raum sich selbst zu beweisen und Erfolg zu erleben? Oder befindet sich dein Kind eher in einem Zustand ständiger Überforderung? Am Beispiel Schule könnte das heißen, die weiterführende Schule gut zu wählen. Es muss nicht immer das Gymnasium sein. Ich kenne Ärzte, Unternehmer und Ingenieure, die ihren Traumberuf mit Hauptschulabschluss über dem 2. Bildungsweg erreicht haben. Und Studierte, die sich dem Handwerk zu wenden und dort aufblühen. Das stärkt die Selbstwirksamkeit weit mehr, als ein Abitur mit Ach und Krach zu bestehen und sich dabei das eigene Selbstbild kaputt zu machen.
Die 7. Säule: Die Fähigkeit, Konflikte zu lösen
Die Theorie
Konflikte gehören zum Alltag, egal ob in Beziehungen, am Arbeitsplatz oder in der Familie. Bei der Recherche zu diesem Punkt habe ich entdeckt, dass es sogar richtige „Konfliktrechnern“ gibt, und gar nicht so wenige! Mit ihnen können Leitungspersonen aus der Wirtschaft sich ausrechnen, wie viel Euro ca. dem Unternehmen verloren gehen können, durch verzögerte Abgaben, Teamgespräche, evtl. Mitarbeiterwechsel, wenn XY Kollegen über diesen oder jenen Zeitraum in einem Konflikt liegen. Verrückt, oder?
Das soll wohl dazu motivieren, Geld in Teambuilding zu stecken. Hier wurde erkannt, das ungelöste Konflikte auf Dauer niemandem gut tun.
Konflikte anzugehen, ist für viele von uns eine Mammutaufgabe. Den einen fällt es schwer, nicht nur auf den Tisch zu hauen sondern konstruktive Lösungen und diplomatische Worte zu finden. Und die anderen drücken sich davor, wo es geht, überhaupt etwas anzusprechen. Vielleicht auch, weil wir nie gelernt haben, gut mit Konflikten umzugehen? Dabei verhält es sich mit ungelösten Konflikten wie mit dem Monster im Rucksack aus der Säule 3 (Umgang mit Gefühlen): wenn wir sie ignorieren, verschwinden sie nicht. Sie sitzen uns weiter im Rucksack und werden immer schwerer, bis die Angst vor dem Konflikt größer wird, als der Auslöser selbst. Auf die Dauer machen ungelöste Konflikte sogar krank. Und sie entwickeln das Gegenteil von Selbstwirksamkeit – ein wachsendes Gefühl von Hilflosigkeit, das zu noch mehr Vermeidung oder Explosion führt: „Das habe ich bis jetzt noch nie geschafft, ich probiere es besser auch gar nicht erst“ oder „Das hat noch nie geholfen, dann ist egal, wie ich es sage“.
Ob wir es wollen oder nicht, Konflikte gehören zum Leben dazu und wir müssen lernen, mit ihnen umzugehen. Und je öfter uns das im kleinen gelingt, umso mehr Mut und Vertrauen in unsere Selbstwirksamkeit bekommen wir, auch größere Konflikte anzugehen.
Die Praxis für mich
Wie sehr predige ich mir an dieser Stelle selbst! Es gibt wenig Dinge, die mir schwerer fallen. Ich gehöre zu der Kategorie „Kopf einziehen und hoffen, dass es sich auch von alleine löst.“ Aber ich möchte hier wirklich mutiger werden und mich herausfordern!
Ein erster Schritt: Den eigenen Konfliktstil reflektieren
Wie gehe ich mit Konflikten um? Welche Situationen scheue ich? Welche Strategien haben in der Vergangenheit geholfen und welche nicht?
Im Kleinen üben
Ich muss nicht gleich gegen Goliath kämpfen! Wo sind die kleinen Alltagssituationen, die kleinen Meinungsverschiedenheiten, in denen ich mutig meinen Standpunkt vertreten kann? Oder mich zurück nehmen kann? Wo ich mich mal in den anderen und seine Sicht hineinversetzen kann. Das sind die Situationen, bei denen ich schon ein bisschen Herzrasen bekomme, aber tief drinnen weiß, dass ich es schaffen kann.
Konflikte ansprechen, bevor sie groß werden
Die meisten großen Konflikte haben klein angefangen. Ich will lernen, sie nicht auf die lange Bank zu schieben und zu hoffen, dass sich das schon von alleine löst. Stattdessen zeitnah und in ruhiger Atmosphäre das Gespräch suchen. Und immer wieder meine Selbstwirksamkeit stärken und Teilerfolge feiern.
Umgesetzt für andere
Konflikte erleben lassen
Auch wenn es oft leichter wäre, die Konflikte für unsere Kinder zu lösen: sie werden nur lernen, selbst Konflikte zu bewältigen, wenn wir sie üben lassen. Das heißt, sie nicht vor Streit zu schützen, sondern dabei zu begleiten. Zum Beispiel, in dem wir abwarten statt einzugreifen. Faustregel: So lange sie sich selbst und andere nicht gefährden, dürfen sie den Streit selbst managen und eigene Lösungswege finden. Verhärtet sich der Konflikt, können wir moderieren: Welche Lösungen fallen euch denn ein? Was schlägt A vor? Was hält B von dieser Lösung? Gibt es einen Gegenvorschlag? Was müsste sich verändern, damit du A/B zustimmst? Was können wir tun, wenn wir keine gemeinsame Lösung finden? Und dann auch aushalten lassen. Das tut einem selbst manchmal mehr weh, als den Kindern, aber ist so wichtig!
Konsequenzen tragen lassen
Die Auswirkungen des eigenen Handels zu spüren ist oft der erste Anstoß zu Veränderung. Das hat viel mit dem Aushalten schwerer Gefühle zu tun. Ein Beispiel: Dein Kind vergisst eine wichtige Hausaufgabe. Unterstütze es nicht durch eine fadenscheinige Entschuldigung. Helfe ihm, die Konsequenzen zu verstehen, die schweren Gefühle zu regulieren und finde mit ihm gemeinsam Hilfestellungen, um es beim nächsten Mal besser zu machen.
Konstruktive Kommunikation vorleben
Meine Elternrolle lässt mir wie wenig anderes im Leben bewusst werden, wie wichtig es ist, an mir selbst zu Arbeiten. Und in wie vielen Bereichen diese Arbeit nötig ist 😉 Deshalb versuche ich, an meiner eigenen Konfliktlösungsfähigkeit zu arbeiten. Und meinem Sohn auch zu zeigen, dass Streit dazu gehört. Und wie man aufeinander zugeht und sich versöhnt, wenn es gekracht hat. Wie man eigenes Fehlverhalten eingesteht und dass man selbst daran glaubt, es beim nächsten oder übernächsten Mal ein Stückchen besser machen zu können.
Kinder lernen viel am Modell, sie dürfen auch sehen, dass ihr als Eltern euch mal in die Wolle kriegt. Wichtig ist, dass sie danach auch die Versöhnung erleben. Das baut Ängste vor Konflikten ab und macht sie mutiger in ihrer eigenen Konfliktlösung.
Hier könnten wir fertig sein...
Das waren die sieben Säulen der Resilienz nach einer Übersicht des Psychologen Christian Peter Dogs. Er ist einer dieser Menschen, die eine schlimme Kindheit erlebt und Resilienz gezeigt haben. Ich möchte dem ganzen drei Ergänzungen hinzufügen. Drei Bereiche, die meiner Meinung nach auch große Auswirkungen auf unsere seelische Widerstandskraft haben.
Bild von Shlomaster auf Pixabay
Die 1. Ergänzung: Langeweile aushalten
Die Theorie
In meiner Arbeit in der Eingliederungshilfe habe ich mich unter anderem mit Suchtprävention beschäftigt. Eine Erkenntnis daraus: Langeweile aushalten ist ein wichtiger Faktor, Menschen stark zu machen. Wir sind es heute mehr den je gewohnt, uns ständig in Beschäftigung zu halten. Dabei dient das ständige Beschäftigt sein aber oft auch als Übersprungshandlung oder Verdrängungsmechanismus. Schwere Gefühle? Ein Konflikt? Selbstzweifel? Wir müssen uns nicht damit beschäftigen, weil es genug andere Alternativen gibt. Und wenn es nicht mehr die Arbeit oder Freizeit ist, bleibt im Handy noch genug zum durchscrollen. In der Stille, der Langeweile, können wir nicht mehr weglaufen. Wenn nichts blinkt und laut ist, niemand sonst verfügbar ist, bleibt nur die Beschäftigung mit uns selbst. Wer lernt, das auszuhalten, greift weniger oft zu Suchtmitteln. Der erlebt mehr Selbstwirksamkeit, weil er Konflikte angeht und sich seinen Gefühlen stellt. Und der wird kreativer und gestalterischer, weil Langeweile auch die Phantasie für eigene Lösungswege anregt.
Umgesetzt für andere
Im Alltag heißt dass Zeiträume ohne Besuch und Freizeitaktivitäten zu schaffen. Bei einem „mir ist langweilig!“ nicht gleich eine Alternative anzubieten. Ermutigen, eigene Lösungen zu finden. Und viel Aushalten. Spielmaterial zur Verfügung zu stellen ohne klaren Zweck, bei dem Phantasie benötigt wird (Kartons statt fertige Spielhäuser, Holzbausteine, …)
Die Praxis für mich
Im drüber nach denken merke ich erst, wie oft ich mich im Alltag ablenke. Deshalb fängt die Übung bei mir damit an, erstmal nur eine Sache gleichzeitig zu tun und nicht so viel nebeneinander her. Übe dich in Kleinigkeiten und taste dich vor zu den Dingen, die dich persönlich herausfordern. Lasse auf der nächsten Autofahrt bewusst das Radio aus. Mache einen Spaziergang oder die nächste Stunde Hausarbeit ohne Knopf im Ohr. Lege abends im Bett das Handy weg und mache eine kleine Achtsamkeitsübung: stelle dir das Meer vor, einen langen Sandstrand. Setze dich und beobachte die Wellen. Wirf jeden Gedanken, der dir kommt, ins Meer und lass ihn von den Wellen davon tragen. Bis du innerlich zur Ruhe findest. Wenn du weitere Ideen hast, schreib sie gerne in die Kommentare.
Die 2. Ergänzung: Schönheit
Die Theorie
Schönheit ist verschwenderisch.
Schön ist, was aus sich selbst heraus strahlt. Sie lebt davon, dass sie echt ist und keinen (egoistischen) Zweck erfüllt. Diese und andere Beschreibungen findet Dr. Joahnnes Hartl in seinem Buch Eden Culture*, wo er dem Thema Schönheit ein ganzes Kapitel widmet. Es lohnt sich sehr, da mal reinzulesen! (Gibts auch als Hörbuch)
Manchmal geben wir der Schönheit zu wenig Platz in unserem Leben. Wir sehen sie, aber wir sind viel zu beschäftigt, innezuhalten und sie zu genießen – weil der Alltag zu laut ist, weil wir glauben, es gibt Wichtigeres. Weil wir nicht oberflächlich sein wollen. Und dabei verpassen wir so viel!
Schönheit berührt uns tief. Sie lässt uns aufatmen und lenkt unseren Blick auf das positive. Schönheit bewusst wahrzunehmen hilft uns, aus dem Karussell an Alltagssorgen und Weltschmerz auszusteigen. Ich halte sie für eine große, sehr unterschätzte Kraftquelle für unsere Psyche.
Die Praxis für mich
Wann hast du zuletzt bewusst Schönheit genossen? Nimm dir heute mal 10 Minuten Zeit, einfach dazusitzen und zu beobachten. Auf einer Parkbank, am Fenster, beim Abholen vom Kindergarten (so lange du noch alleine bist). Welche kleinen Schönheiten entdeckst du, an denen du sonst vorbei hetzt?
Nimm dir im Notizbuch eine Seite vor, auf der du diese Dinge notieren kannst. Denke vor den Schlafengehen nochmal nach, welche schönen Dinge zu heute erlebt, gesehen oder selbst geschaffen hast? Das wird dir helfen, zur Ruhe zu kommen und gleichzeitig deine Selbstwirksamkeit und Zuversicht stärken. Beende den Tag mit einer Sammlung von Schönem statt mit Nachrichten auf Social Media.
Und schaffe selbst Schönes! Wo kannst du kreativ werden? Schreibst du gerne? Gestaltest du? Auch sich selbst und andere schön zu machen, gehört dazu und ist nicht oberflächlich! Schaffe Raum für Schönheit und gestalte, es wird deiner Seele gut tun! Für mich bedeutet es auch, Verbindung zu haben mit dem, der mich geschaffen hat, der so viel Schönheit in diese Welt und mich hinein gelegt hat.
Umgesetzt für andere
Ich brauche immer mal wieder jemanden, der mir hilft, die Schönheit zu sehen. Der mich stoppt in der Geschäftigkeit oder den Sorgen. Mein Mann ist so jemand. Er hat schon immer für solche Momente gesorgt, in dem er mir den kleinen Vogel im Busch gezeigt hat oder mich ans Fenster ruft um den Sonnenuntergang zu bestaunen. Du kannst auch so jemand für andere sein! Ich versuche, davon zu lernen und meinem Sohn diese Momente zu geben. Ein Innehalten und genießen zu schaffen und ihm zu vermitteln, dass dafür Zeit sein darf!
Wo haben deine Kinder Talente, Schönes zu schaffen? Zeig es ihnen auf und schaffe Raum dafür. Auch wenn das manchmal vielleicht etwas mehr Unordnung zuhause nach sich zieht 😉
Bild von Denise Husted auf Pixabay
Die 3. Ergänzung: Dem Körper Gutes tun
Die Theorie
Wer jetzt auf Schokolade als Domamin-Spender gehofft hat, wird leider enttäuscht. Es geht nicht um einen kurzen Glücks-Moment.
Es ist viel mehr eine Frage des Lebensstils. Darum, dass ein guter Umgang mit unserem Körper massive Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit und Spannkraft hat!
Sport
Sport, vor allem gegen Tagesende, fördert nachweislich den Abbau von Stresshormonen. An der frischen Luft kommt noch die durchblutungsfördernde Wirkung aufs Gehirn dazu. Tim Lacker von der Uni Zürich schreibt dazu: „Die Bewegung des Körpers zeigt ihre positive Wirkung auf verschiedenen Ebenen im Körper. Einerseits wird die geistige (kognitive) Leistung gesteigert, aber auch die Stimmung kann positiv beeinflusst werden. So stark, dass Sport, ergänzend zu einer Psychotherapie oder medikamentösen Behandlung, erfolgreich in der Therapie von Depressionen und Angstzuständen eingesetzt werden konnte. Sport erhöht auch das allgemeine Wohlbefinden, das Selbstbewusstsein und die Selbstwirksamkeit, also das Bewusstsein, dass Sie selbst etwas verändern bzw. bewegen können und den äusseren Umständen nicht ausgeliefert sind.“
Ernährung
Gesunde Ernährung hilft unserem Körper, kraftvoll zu bleiben. Dazu gehört auch, genug Wasser zu trinken. Viele von uns (Hallo ich!) neigen dazu, bei Stress in ungesunde Muster zu verfallen. Nährstoffarme Zucker- & Fettbomben belasten unseren Körper aber nur zusätzlich, statt ihn zu mehr Energie zu verhelfen, die wir eigentlich brauchen würden. Was wir viel eher brauchen würden, sind frische, ballaststoffreiche, unverarbeitete Produkte wie Gemüse, Fisch, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte. Sie tun dem Darm gut, der wiederum einen positiven Einfluss auf die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol hat. Hier verlinke ich mal einen Artikel, der da etwas näher drauf eingeht, wie wir mit unserer Ernährung positivem auf unser Stress-System einwirken können mit praktischen Reflexionsfragen und konkreten Nahrungsmittel-Nennungen. Das alles aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen.
Schlaf
Und nicht zuletzt sei der Schlaf hier genannt. Der kommt bei viel Stress oft zu kurz, sei es wegen Zeitmangel oder nächtlichem Gedankenkarussel. Dabei ist guter Schlaf essentiell wichtig für unsere Regeneration. Im Schlaf verarbeitet das Gehirn Reize, speichert Gelerntes. Zellen werden erneuert und Wachstumshormone ausgeschüttet. Das Stresshormon Cortisol wird abgebaut. Kurz gesagt: Der Körper sortiert, repariert und räumt auf für einen guten Start in den nächsten Tag. Er sorgt dafür, dass wir im Alltag genug Kraft haben.
Die Praxis für mich
Nimm dir dein Notizbuch zur Hand und schaue dir die drei Bereiche an: Bewegung, Ernährung und Schlaf. Was läuft gut? Woran kannst du arbeiten? Hast du schon Erfolgserfahrungen in dem Bereich, auf die du zurückgreifen kannst? Welche Hilfen von außen kannst du dir holen?
Suche dir eine (!) Sache aus, die du verändern möchtest. Das Themenfeld ist so groß, dass man sich schnell überfordern kann und dann frustriert wieder aufhört. Deshalb fange wirklich mit einem kleinen Schritt an, und wenn es nur ist, täglich wieder genug zu trinken. Wenn das klappt, kannst du den nächsten kleinen Schritt angehen. Und vergiss nicht, zwischendrin Erfolge zu feiern 😉
Und ganz wichtig! Es geht nur um dich, um dir selbst etwas Gutes zu tun. Nicht um Ansprüche oder Ideale von Außen – vor allem keine optischen! Es geht einzig und allein darum, dir selbst etwas Gutes zu tun und mehr Kraft im Alltag zu haben.
Umgesetzt für andere
Für Kinder heißt das: Öfter Nein zu Süßigkeiten, auch wenn es unbequem ist. Was sind gesunde Alternativen? Welche Obst- und Gemüsesorten schmecken wem in der Familie? Macht doch mal eine Party und testet euch durch. Vielleicht entdeckt ihr dabei irgendwelche verrückten Alternativen, die noch keiner kannte.
Vor Jahren habe ich mal von einer Frau gehört, die zuhause als Belohnung immer Zucchini bekommen hat. Das war sie von klein auf gewohnt und hat es so sehr verinnerlicht, dass sie sich noch heute, wenn sie eine Prüfung erfolgreich bestanden hat, eine Zucchini kocht. Die Geschichte fand ich sehr inspirierend. Gut, mit Zucchini kannst du mich jagen, aber wir haben das ein Stück weit mit Mango probiert zuhause und das klappt ganz gut. Warum nicht mal das Lieblingsobst zur Belohnung kaufen statt der Schokolade?
Wo ist noch mehr Platz für Bewegung? Und welche Form der Bewegung macht dem Kind auch Spaß? Gibt es Vereine, die euch dabei unterstützen können?
Reflektiert einmal wie ist die Schlafumgebung eurer Kinder. Sind die Uhrzeiten noch passend? Vor dem zu Bett gehen nochmal die Fenster auf und frische Luft reinlassen hilft ebenso für einen guten Schlaf wie kleine Rituale (Tagesrückblick, gemeinsames Gebet).
Ein Abschluss... jetzt aber wirklich!
Damit sind wir am Ende angelangt, diesmal wirklich! Mehr als ein Jahr habe ich mich mit der Resilienz beschäftigt. Kleine Schritte ausprobiert und gefeiert! Und mit diesem Artikel für euch abschließend zusammengefasst. Ich freue mich sehr über Feedback, wenn ihr etwas mitnehmen konntet!
Was ich immer wieder bemerkt habe in der Zeit: Was für ein großer Resilienzfaktor Glaube ist! In meinem christlichen Glauben vereinen sich eigentlich alle Säulen der Resilienz: Er gibt mir eine Beziehung, die tragfähig ist, über den Tod hinaus. Er lässt mich wissen, dass ich unendlich geliebt und wertvoll bin. Bei Gott darf ich meine Gefühle auspacken, die Freude und den Frust. Auch Zweifel und Klage hält er aus, ermutigt mich sogar dazu. Er gibt mir einen Sinn, über dieses Leben hinaus und eine damit verbundene Zuversicht. Er macht mich mutig, mich Konflikten zu stellen, weil ich weiß, dass ich darin nicht alleine bin, dass Gott mitgeht. Und er ermahnt mich, auch im Streit mein Gegenüber wertzuschätzen, weil auch derjenige Kind Gottes ist (selbst wenn ich ihn furchtbar doof finde!). Ich weiß, er traut mir viel zu, hat mich begabt und ich darf mit gestalten und selbstwirksam sein. Im Glauben finde ich Meditationsübungen und lerne im Gebet auch Stille auszuhalten. Mir Zeit zu nehmen, um die Schönheit der Schöpfung zu genießen und sie in mir selbst zu entdecken. Ich erfahre in der Bibel, was für ein Wunderwerk mein Körper ist und das alles seine Zeit hat, der Einsatz und die Ruhe.
Wenn ich auf alle diese Säulen und Ergänzungen zurück blicke, bin ich einmal mehr dankbar, wie viel Fürsorge in Gottes Liebe zu mir steckt und wie er uns schon lange alles an die Hand gegeben hat, was wir für ein gutes Leben brauchen.